In Sanaa dringen bewaffnete Sicherheitskräfte gewaltsam in eine Feier zum 200. Geburtstag des Religionsstifters ein.

Berlin, 26. Oktober 2017 – Am vergangenen Sonntag stürmten bewaffnete jemenitische Sicherheitskräfte in Sanaa ein Haus, in dem die Bahá’í den 200. Geburtstag ihres Religionsstifters, Bahá’u’lláh, feierten.  Bei der anschließenden Razzia wurde der Bruder von Walid Ayyash, Akram Ayyash verhaftet.
Die Sicherheitskräfte waren mit vier Fahrzeugen  angerückt, begleitet von einem gepanzerten Militärfahrzeug, das die Eingangstüre durchstieß, nachdem mehrere Schüsse abgegeben wurden.

„Die Menschen im Jemen leiden unter einer katastrophalen humanitären Situation, die von Tag zu Tag schlimmer wird.  Für die jemenitischen Bahá’í kommt hinzu, dass sie willkürlichen Schikanen der dortigen Sicherheitskräfte ausgesetzt sind“, beklagt Ingo Hofmann, Sprecher der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland.
“Die Rolle, die der Iran bei der Verfolgung der Bahá’í im Jemen und insbesondere in Sanaa spielt, liegt auf der Hand, so Hofmann weiter. Sanaa, über das die international anerkannte Regierung von Präsident Hadi die Kontrolle verloren hat,  steht derzeit unter dem Einfluss von durch den  Iran kontrollierten Milizen, deren Vorgehensweise im Jemen an ähnliche Maßnahmen wie jene gegen die Bahá’í im Iran erinnert.“

Auch im Iran wurde die Bahá’í-Gemeinde während der Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Geburt von Bahá’u’lláh zur Zielscheibe. Zwischen dem 18. und 21. Oktober 2017 wurden etwa 19 Bahá’í in Kermanshah, Teheran und Birjand verhaftet und die Häuser von 25 Bahá’í durchsucht. 26 Geschäfte, die Bahá‘í gehören, wurden von den Behörden versiegelt, da die Inhaber am 21. Oktober einen Bahá’í-Feiertag wahrnahmen. Diese Geschäftsschließungen erfolgten in den Städten Schiras, Marvdasht, Gorgan und Gonbad.
Die Festnahmen von Bahá’í im Jemen riefen auch internationale Missbilligung hervor und führten am 29. September zu einer einstimmig angenommenen Resolution  des UN-Menschenrechtsrats in Genf, die die sofortige Freilassung aller inhaftierten Bahá’í fordert.
„Die Bahá’í-Gemeinde in Deutschland hofft, dass ein verstärkter politischer Druck auf die für diese Inhaftierungen verantwortlichen Seiten zu einer baldigen Umsetzung der UN-Resolution und einer Sicherung von Minderheitenrechten im Jemen führt“, erklärt Hofmann.
Hintergrund
Die Wurzeln der jemenitischen Bahá’í-Gemeinde gehen bis auf die Frühzeit des Bahá’í-Glaubens in der Mitte des 19. Jahrhundert zurück. Unter ihnen befinden sich auch heute zahlreiche Stammesangehörige, die sich für den Aufbau der Gesellschaft ihres Landes engagieren und keine Partei ergreifen für die unterschiedlichen Kräfte im Jemen.
Die derzeitige Welle von wiederholten Verhaftungen von Bahá’í im Jemen aus religiösen Gründen nahm ihren Anfang 2008 – noch unter der Präsidentschaft von Abdullah Ali Saleh. Sie verstärkte sich im August 2016, als Huthi-Milizen bei einer Versammlung über Erziehungskonzepte 65 Personen, darunter sechs Kinder, verhafteten. Etwa die Hälfte der Festgenommenen waren Bahá’í, die in der Folge zahlreichen Repressalien ausgesetzt waren. Im April dieses Jahres erfolgte die Festnahme von etwa 25 Bahá’í, darunter viele bekannte Stammesangehörige. Acht Bahá’í sind derzeit noch in Haft, einige davon mit unbekanntem Aufenthaltsort.
Die religiös bedingten Verhaftungen und Einschüchterungen von Bahá’í im derzeitigen Nord-Jemen lösten auch ein Echo in den arabischen Medien aus, die ein Ende der Repressalien forderten. Im Jemen erhoben sich zahlreiche Stimmen von Stammesführern, bis hinauf zu hohen Regierungsvertretern, die ihre Unzufriedenheit über die Situation bekundeten. Einige von ihnen verurteilten die jüngsten Übergriffe gegen die Bahá’í in den sozialen Medien.
 

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