Die Internationale Bahá’í-Gemeinde richtet einen offenen Brief an den Justizchef des Irans

Im August 2010 wurden Fariba Kamalabadi, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi, Saeid Rezaie, Mahvash Sabet, Behrouz Tavakkoli und Vahid Tizfahm zu je zehn Jahren Haft verurteilt.

In einem offenen Brief an den Leiter der Justiz der Islamischen Republik Iran verweist die Internationale Bahá’í-Gemeinde auf den Widerspruch zwischen der Verfolgung der Bahá’í im Iran und der Forderung des Iran nach fairer Behandlung muslimischer Minderheiten in anderen Ländern. „Die Bahá’í erwarten von Ihnen nur eben diese Behandlung“, heißt es in dem Schreiben, das die Internationale Bahá’í-Gemeinde auf  der Webseite des Bahá’í World News Service veröffentlicht hat.
Das Schreiben vom 7. Dezember, das in englischer und persischer Sprache sowie in deutscher Übersetzung vorliegt,  ist an Ayatollah Mohammed Sadegh Laridschani adressiert und listet die “zahlreichen verabscheuungswürdigen Maßnahmen” auf, die die Verantwortlichen während der letzten drei Jahre gegen die sieben ehemals führenden Mitglieder der iranischen Bahá’í-Gemeinde richteten, vom Tage ihrer Festnahme an, über die über zweijährige Untersuchungshaft und die Urteilsverkündung im August dieses Jahres bis hin zur Berufung, die die sieben Bahá’í bislang erfolglos gegen das Urteil einer zehnjährigen Haftstrafe einlegten.
So stellt die Internationalen Bahá’í-Gemeinde in dem offenen Brief an Ayatollah Laridschani fest, dass die Staatsanwälte bei der Verhandlung gegen die sieben Bahá’í „nicht in der Lage waren, glaubhafte Beweise für ihre Behauptungen vorzulegen.“ Der Prozess, so heißt es weiter, „war weit von der Unparteilichkeit entfernt, die einen Gerichtsprozess kennzeichnen sollte, so dass sich die Verhandlung als reine Farce erwies.“ So wurden die Bahá’í in dem Urteil als Mitglieder einer „irregeleiteten Sekte“ dargestellt. “Für alle wird nun offensichtlich, dass die Behörden willens sind, die Normen der Gerechtigkeit mit Füßen zu treten, die sie eigentlich im Namen der Bürger des Iran hochhalten sollten“, heißt es in dem Schreiben.
Bani Dugal, Sprecherin der Internationalen Bahá’í-Gemeinde am Sitz der Vereinten Nationen in New York, ergänzt:

„Zusätzlich zu dieser offenkundigen Ungerechtigkeit hat der Justizchef die Berufung noch nicht offiziell entgegengenommen. Dadurch haben die Gefangenen nicht das Recht, auf Kaution freigelassen zu werden oder das Gefängnis zu verlassen.“

„Wie kann eine gerechte Gesellschaft, oder eine gerechte Welt, auf einem Fundament irrationaler Unterdrückung und systematischer Vorenthaltung grundlegender Menschenrechte gegenüber Minderheiten aufgebaut sein?“, fragt die Internationale Bahá’í-Gemeinde Ayatollah Laridschani.

„Alles, was Ihr Land offensichtlich auf der Weltbühne einfordert, steht im Widerspruch zu der Behandlung Ihrer eigenen Bürger zu Hause.“

„Wir […] fordern, dass den Bahá’í im Iran umfassende Bürgerrechte zugebilligt werden, damit sie ihrem Herzenswunsch entsprechen können, mit ihren Landsleuten zusammen an der Entwicklung ihres Landes mitzuwirken“, heißt es in dem Brief.

„Dies entspricht nur dem, was sie berechtigterweise für die muslimischen Minderheiten, die in anderen Ländern ansässig sind, fordern. Die Bahá’í erwarten von Ihnen nur eben diese Behandlung.“

Die Achtung der Menschenrechte der iranischen Bahá’í wäre auch ein „Signal der Bereitschaft, die Rechte aller Bürger des Landes zu respektieren”, heißt es. Den schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gegen die Bahá’í Einhalt zu gebieten, brächte „den Herzen aller Iraner die Hoffnung“, so die Bahá’í an Laridschani, „dass Sie allen Gerechtigkeit gewähren.“

„Wir rufen Sie daher auf, die Rechte aller iranischen Menschen zu respektieren.“

Hintergrundinformationen
Die sieben Bahá’í waren Mitglieder einer nationalen Koordinierungsgruppe, die sich mit dem Wissen der iranischen Regierung um die notwendigsten religiösen Belange der mit über 300.000 Anhängern größten religiösen Minderheit des Irans kümmerte. Sie wurden der Propagandaaktivitäten gegen die islamische Ordnung, des Aufbaus einer illegalen Verwaltung und weiterer Punkte angeklagt. Alle Anklagepunkte wurden von ihnen kategorisch zurückgewiesen. Auch Bani Dugal betont, dass es zu keinem Zeitpunkt Beweise dafür gegeben habe, dass die sieben gegen das Interesse des Iran gehandelt hätten.
Nach der Urteilsverkündung wurden Fariba Kamalabadi, Jamaloddin Khanjani, Afif Naeimi, Saeid Rezaie, Mahvash Sabet, Behrouz Tavakkoli und Vahid Tizfahm vom Evin-Gefängnis in Teheran nach Karaj in das Gohardasht-Gefängnis verlegt.
„Entgegen der Bestimmungen zur Verlegung von Inhaftierten, befinden sie sich nun im Exil“, sagt Bani Dugal. „Neben anderen Demütigungen, müssen sie nun Schmutz und Krankheiten ertragen und sind auf so engem Raum eingepfercht, dass es schwierig ist, sich hinzulegen oder ihr tägliches Gebet zu verrichten.“ So habe sich aktuellen Berichten zufolge ihr Gesundheitszustand verschlechtert, wobei sie keine angemessene medizinische Behandlung erhalten.
Die Berichte über den Prozess und die Verurteilung der sieben Bahá’í im Sommer dieses Jahres riefen einen internationalen Proteststurm von Regierungen rund um den Erdball hervor, darunter auch der Bundesregierung. Die Europäische Union und der Präsident des Europäischen Parlaments schlossen sich dem Protest an, ebenso religiöse Führungspersönlichkeiten, Menschenrechtsorganisationen und unzählige weitere Gruppen und Einzelpersonen.
“Wir schließen uns den Regierungen und allen wohlmeinenden Menschen in der Welt an und fordern den Leiter der Justiz auf, die sieben unschuldigen Bahá’í sofort freizulassen, wie auch alle weiteren Bahá’í, die landesweit inhaftiert sind“, so Dugal.

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