Vereinte Nationen: Erhebliche Sorge um Menschenrechtslage in Iran

 Zwei in der letzten Woche veröffentlichte UN-Berichte bringen die tiefe Sorge der internationalen Staatengemeinschaft über die fortdauernden Menschenrechtsverletzungen in Iran zum Ausdruck. Besonderes Augenmerk gilt den zunehmenden Übergriffen gegen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten wie auch den Diskriminierungen von Frauen, Mädchen und Minderheiten, darunter den Anhängern der iranischen Bahá’í-Gemeinde.
In seinem Iran-Jahresbericht an die Vollversammlung der Vereinten Nationen drückt UN-Generalsekretär Ban Ki-moon seine “tiefe Sorge” über Folter, Amputationen, unfaire Gerichtsverfahren, das unverhältnismäßige Anwenden der Todesstrafe wie auch die Verfolgung von Minderheiten wie die der Bahá’í aus.
Auch der Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage in Iran, Ahmed Shaheed, legte der Vollversammlung in New York seinen Bericht vor. Er habe eine „große Bandbreite an Menschenrechtsverletzungen“ erfasst, darunter die gesetzeswidrige Einschränkung der Meinungsfreiheit, der Mangel an Rechtsstaatlichkeit, Angriffe auf die Religionsfreiheit und das ungesetzliche Inhaftieren von Minderjährigen. „Diese Verletzungen sind Folgen von Nichtbeachtung des Rechts, Mangel an Gesetzlichkeit und weitverbreiteter Straflosigkeit“, sagte Shaheed.
Bani Dugal, Sprecherin der Internationalen Bahá’í-Gemeinde bei den Vereinten Nationen in New York sagte, dass die beiden Dokumente ein düsteres Bild über das Leben der Menschen in Iran zeichne. „Die beiden Berichte handeln von einem Land, in dem grundlegende Rechte wie Rechtsstaatlichkeit, Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit brutal verwehrt werden, obwohl Iran sich verpflichtet hat, solche Freiheiten zu gewährleisten.“ Die Berichte zeigten zudem das Ausmaß, in welchem sich die iranische Regierung weigert, mit internationalen Menschenrechtsbeobachtern wie Dr. Shaheed zusammenzuarbeiten – ungeachtet der mehrfachen Aufforderungen durch die internationale Gemeinschaft, den Verpflichtungen laut internationaler Rechtssetzung nachzukommen“, so Dugal.
474 Fälle von Inhaftierungen seit 2004
Der Bericht von Ban Ki-moon beleuchtet die Situation von Journalisten, Menschenrechtsverteidigern und Frauenrechtaktivisten, die bei der Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch die iranische Regierung zunehmend ins Visier gerieten. „Berichten zufolge sind mit Stand Dezember 2011 mindestens 40 Journalisten in Haft und mehreren anderen droht die Festnahme”, so Ban.
Ban benennt die Menschenrechtsverteidiger, die mutmaßlich während ihrer Untersuchungshaft wegen des friedlichen Ausübens ihres Rechts auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit gefoltert wurden. Er nahm auch die Situation der Minderheiten und insbesondere der iranischen Bahá’í-Gemeinde unter die Lupe. Seit 2004 wurden 474 Fälle von Verhaftungen sicher dokumentiert. Sehr wahrscheinlich sind weitere Bahá’í verhaftet worden. Bahá’í unterliegen weiterhin starkem wirtschaftlichen Druck. Er merkte an, dass Bahá’í-Studenten davon abgehalten werden, Hochschulbildung zu erlangen. Dr. Shaheeds Bericht im Bereich des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit benennt insbesondere die Lage der Bahá’í, der Christen und Derwische. „Die Anhänger der anerkannten wie der nicht anerkannten Religionen berichteten von verschiedenen Formen von Einschüchterungen, Festnahmen, Inhaftierungen und Vernehmungen, bei denen ihre Religionszugehörigkeit im Mittelpunkt stand.“
Der Situation der Bahá’í widmete er zwei Abschnitte. Obwohl die Regierung behauptet, dass die Bahá’í „gleiche rechtliche, soziale und wirtschaftliche Rechte“ hätten, erhielte er weiterhin Berichte darüber, dass Bahá’í „aufgrund ihrer Religion eingeschüchtert und festgenommen werden“, schreibt Shaheed. „Am 17. Februar 2012 kamen Beamte zu einer karitativen Veranstaltung in Maschhad, verlangten von allen Anwesenden ihre mobile Telefone, zwangen sie, ihre persönlichen Daten aufzuschreiben, ihre Religion schriftlich und vor einer Videokamera preiszugeben. Personen, die angaben, muslimischen Glaubens zu sein, wurden von den Bahá’í abgesondert und über ihre Beziehung zu den anwesenden Bahá’í befragt und dann freigelassen. Danach haben die Beamten dem Vernehmen nach eine Reihe von Bahá’í verhaftet.“
Dr. Shaheed drückte ebenfalls seine Sorge über das iranische Strafrecht aus, in dem Männer und Frauen ungleich behandelt werden und religiöse Diskriminierung institutionalisiert werde, wie er schrieb. „Absatz 558 des novellierten Strafrechts legt beispielsweise fest, dass das Blutgeld auf alle von der Verfassung anerkannten Religionen gleich zu verteilen sei. Das Gesetz wird jedoch auf Religionen wie die Bahá’í, die nicht von der Verfassung anerkannt sind, nicht angewandt.“
„Viele Probleme sind systematischer Natut“
Auch die Verletzung der Rechte von Kindern kommt zur Sprache. Der Iran habe vor Kurzem selbst verkündet, dass „70 Kinder, die keine Vergehen begangen, im Gefängnis leben, weil ihre Mütter inhaftiert sind.“ Anderen Berichten zufolge sollen es bis zu 450 unschuldige Kinder sein, die auf diese Art und Weise im Gefängnis sitzen. “Ganz abgesehen davon, dass diese Kinder keine Kindheitserfahrungen machen können, sind sie im Gefängnis schlechten Lebensbedingungen wie mangelhaften sanitären Anlagen und schlechter Ernährung ausgesetzt, was ihre physische, emotionale und kognitive Entwicklung stark beeinträchtigt, sodass sie ernsthaft benachteiligt sind, wenn sie mit ihrem Elternteil entlassen werden“, schreibt Dr. Shaheed.
Der UN-Sonderberichterstatter folgert: „Die Eingaben und Interviews, die in diesen Bericht einflossen, bieten ein sehr beunruhigendes Bild der allgemeinen Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran. Viele Probleme sind systemischer Natur“.

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