Semnan liegt etwa 200 Kilometer östlich von Teheran in Nordiran. In der Stadt leben über 125.000 Menschen, in der gleichnamigen Provinz über eine halbe Millionen. Im Ort Semnan leben Schätzungen zufolge auch einige Hundert Bahá’í. Genaue Zahlen sind nicht zu ermitteln, da die Gemeindestrukturen der Bahá’í bereits im Jahr 1983 aufgelöst werden mussten. Fakt ist, dass die Bahá’í in Semnan einen Querschnitt der Stadtbevölkerung abbilden. Sie kommen aus allen Gesellschaftsschichten.

Bahá’í leben in Semnan seit der frühesten Geschichte ihrer Religion. Viele bekannte frühe Anhänger kamen aus dieser Region. Heute zählen die Bahá’í von Semnan und Umgebung zu der am stärksten verfolgten Gruppe in Iran. Sie sind physischen, psychischen und wirtschaftlichen Angriffen ausgesetzt. Sie werden auf Schritt und Tritt überwacht. Mindestens dreißig Bahá’í sind in den letzten drei Jahren verhaftet worden, einige verbüßen langjährige Haftstrafen. Ihre Wohnhäuser und Geschäfte wurden in Brand gesetzt oder mussten schließen. Schmierereien und Friedhofschändungen, Verleumdungen ihres Glaubens in Schulen sowie die Verbreitung von Anti-Bahá’í-Propaganda tragen zu diesen systematisch durchgeführten Verfolgungen ein Übriges bei.
Diese Angriffe sind freilich nicht auf Semnan beschränkt. Die dortige Situation unterscheidet sich jedoch durch ihre Intensität wie auch durch das koordinierte Vorgehen offizieller und halboffizieller Stellen – womit die Polizei, Milizen, Gerichte, Geheimdienstler, Stadtbedienstete, die Geistlichkeit und die Presse gemeint ist. Die Angriffe zeigen überdies, wie eine von der Regierung angestiftete Kampagne darauf ausgelegt ist, die iranischen Bahá’í maximal zu schädigen – ohne dabei die Grenze zu einer vollständigen Liquidierung und damit zur internationalen Aufmerksamkeit zu überschreiten, wie es noch in den Jahren nach der iranischen Revolution 1979 vonstattenging.
Die Besorgnis erregenden Vorkommnisse aus Semnan haben sich im Laufe der letzten Jahre derart summiert, dass auf eine durch die Regierung orchestrierte Kampagne gegen die Bahá’í geschlossen werden kann. Offensichtlich ist es Ziel der Behörden, die Bahá’í zu terrorisieren, um der Staatsdoktrin der Islamischen Republik, die Bahá’í-Gemeinde als lebensfähige Einheit zu eliminieren, gerecht zu werden.
Die Verfolgung der Bahá’í in Semnan bietet eine Fallstudie moderner Verfolgung aus religiösen Gründen.